Leben im Glashaus

Autor(en)
Szilvia Gellai
Abstrakt

Wenn uns der Gedanke, im Glashaus zu leben, zunächst brisant erscheint, so vornehmlich wegen seiner reflexartigen Assoziation mit Transparenz. Im kulturwissenschaftlichen Diskurs hängt dieser Kurzschluss eng mit Walter Benjamins Überlegungen zum Gegenstand zusammen. Der Beitrag nimmt deshalb seine Ideen zum Anlass für einen Parcours durch die Diskurs- und Medienkulturgeschichte des – mal ideell, mal real bewohnten – Glashauses vom frühen 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Um die funktionalen, ästhetischen und poetischen Veränderungen des Glashauses nachvollziehen zu können, werden drei Ausprägungen desselben beispielhaft diskutiert: Das Gewächshaus, der Ausstellungsbau und das Wohnhaus. Verfolgt wird die Hypothese, dass Glashäuser ein Projekt der Moderne darstellen, und zwar insofern, als sie die Arbeit an den Grenzen zwischen jenen Dichotomien greifbar machen, die sich im Zuge des technisch-industriell bedingten Strukturwandels westlicher Gesellschaften abzeichnen. Der Verlauf der Grenze zwischen Natur und Kultur steht dabei ebenso zur Verhandlung wie etwa jene zwischen dem Eigenen und dem Fremden, Materialität und Diskursivität, Privatheit und Öffentlichkeit, Transzendenz und Immanenz. Für Durchgänge sorgt die Betrachtung des Glashauses auch in disziplinärem Sinne, da der Gegenstand vielfältige Passagen zwischen Literatur, Architektur und ihren Wissenschaften gleichermaßen eröffnet wie erfordert.

Organisation(en)
Institut für Germanistik
Journal
Figurationen: Gender, Literatur, Kultur
Band
22
Seiten
59-78
ISSN
1439-4367
DOI
https://doi.org/10.7788/figu.2021.22.2.59
Publikationsdatum
12-2021
Peer-reviewed
Ja
ÖFOS 2012
602014 Germanistik, 602003 Allgemeine Literaturwissenschaft, 605004 Kulturwissenschaft, 508011 Medientheorie
Schlagwörter
Link zum Portal
https://ucrisportal.univie.ac.at/de/publications/4efe5114-2fa3-474d-b52f-74e1ad27bea1