Geschlechterstereotype jüngerer und älterer Eltern

Autor(en)
Marlene Kollmayer, Tanja Hodosi, Barbara Schober, Christiane Spiel
Abstrakt

Kulturell geprägte Vorstellungen darüber, was typisch Mann und typisch Frau ist, werden uns von frühester Kindheit an mitgegeben (Asendorpf & Neyer, 2007). Der Einfluss von Eltern auf ihre Kinder ist dabei wesentlich: Sie fungieren als Modelle, teilen ihr Wissen und ihre Erwartungen mit ihren Kindern und belohnen erwünschtes Verhalten (Carli & Bukkato, 2000). Altersunterschiede in Geschlechterstereotypen wurden bis jetzt vor allem im Kindes und Jugendalter untersucht. Nach einem Höhepunkt an Rigidität bezüglich Geschlechterrollen im Grundschulalter kommt es in der Jugend zu mehr Flexibilität und weniger Geschlechterstereotypen (Kulik, 2002). Im Erwachsenenalter wird wieder mehr an Geschlechterrollen festgehalten (Shepard & Hess, 1975). Besonders die Elternschaft und die Erziehungsaufgaben können im Erwachsenenalter zu einer Erhöhung geschlechterstereotyper Einstellungen führen (Calvo-Salguero, García-Martínez & Monteoliva, 2008). Inwieweit es innerhalb der Elternschaft in Abhängigkeit vom Alter Unterschiede in Geschlechterstereotypen gibt, ist kaum erforscht. Im Fokus der vorliegenden Studie stehen daher Geschlechterstereotype von Eltern in Abhängigkeit von ihrem Alter. Das Interesse gilt Eltern von Kindern zwischen 3 und 6 Jahren, da der Einfluss der Eltern auf ihre Kinder bezüglich Geschlechtsstereotypen in diesem Alter besonders groß ist (Gelman, Taylor & Nguyen, 2004). Da Spielsachen im Leben von Kleinkindern eine große Rolle spielen (Cherney & Dempsey, 2010) und Eltern über Spielzeugauswahl und Reaktionen auf das Spiel Kindern schon früh Werte und Einstellungen vermitteln (Wood, Desmarais & Gugula, 2002), wurde Spielzeug als zentrales Instrument für diese Studie ausgewählt.

Vor diesem Hintergrund wurde folgende Fragestellung untersucht: Unterscheiden sich jüngere von älteren Eltern hinsichtlich ihrer (1) Einstellungen zu Geschlechterrollen, (2) ihrer Einschätzung der Geschlechtstypisierung und (3) Erwünschtheit sowie (4) ihrer Bereitstellung verschiedener Spielzeuge?

Zur Beantwortung der Fragestellung wurde 324 Personen (79% Frauen) ein Fragebogen vorgegeben. Der Median des Alters der Befragten betrug 34 Jahre (Q25 = 30, Q75 = 38) und wurde als Trennwert zwischen jüngeren und älteren Eltern herangezogen. Die Kinder, auf sich die Eltern im Rahmen der Befragung bezogen, waren zwischen 2.49 und 6.98 Jahre alt.

Die Einstellung zu Geschlechterrollen wurde mittels Fragebogen zur normativen Geschlechtsrollenorientierung (NGRO, Athenstaedt, 2000) erhoben. Zur Erfassung der Geschlechtstypisierung von Spielsachen wurden den Eltern Bilder von Spielzeugen (z.B. Puppenhaus, Knetmasse, Matchboxautos) vorgegeben, die sie mittels visueller Analogskala danach beurteilen sollten, ob diese Spielzeuge eher „für sie“, „für ihn“ (Pole der Skala) oder „für beide“ (neutrale Mitte der Skala) geeignet sind. Zudem wurden die Eltern gebeten, die abgebildeten Spielzeuge auf Ratingskalen danach zu beurteilen, wie wünschenswert sie für Ihr Kind sind. Zur Erfassung der Bereitstellung verschiedener Spielzeuge wurden die Eltern gebeten anzugeben ob sie das Spielzeug tatsächlich zu Hause haben.

Die Ergebnisse zeigen, dass ältere Eltern (MNGRO = 2.78, SD = 0.97) auch unter Kontrolle des Bildungsstandes egalitärer eingestellt sind als jüngere Eltern (MNGRO = 3.17, SD = 0.92), F(1, 317) = 9.85, p = .002, η2p = .030. Bezüglich der Einschätzung der Geschlechtstypisierung der einzelnen Spielzeuge wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Altersgruppen der Eltern festgestellt und sowohl ältere als auch jüngere Eltern finden „männliches“ Spielzeug für Jungen erwünschter (M = 4.97, SD = 1.22) als für Mädchen (M = 2.95, SD = 1.40) und „weibliches“ Spielzeug für Mädchen erwünschter (M = 5.31, SD = 1.08) als für Jungen (M = 3.35, SD = 1.48), F(1, 317) = 308.46, p  .001, 2p = .368. Die Analyse der Bereitstellung von verschiedenen Spielzeugen zeigte, dass sowohl Kinder jüngerer als auch Kinder älterer Eltern mehr geschlechterstereotype Spielsachen zu Hause haben als Spielsachen, die für das andere Geschlecht als typisch angesehen werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder schon in jungen Jahren geschlechterstereotyp sozialisiert werden und lassen auf einen Trend in Richtung Rückkehr zu traditionellen Geschlechterrolleneinstellungen bei Eltern schließen.

 

Keywords: Geschlechterstereotype, Geschlechterrollen, Spielzeug, Eltern, Altersunterschiede

 

Organisation(en)
Institut für Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialpsychologie, Dekanat der Fakultät für Psychologie
Publikationsdatum
2015
Peer-reviewed
Ja
ÖFOS 2012
501005 Entwicklungspsychologie, 501016 Pädagogische Psychologie
Link zum Portal
https://ucrisportal.univie.ac.at/de/publications/07765f3d-42b4-47ac-b20a-bb25cc7cbfb3