100 Jahre Frauenwahlrecht – Jubiläum eines Beginns

Autor(en)
Elisabeth Holzleithner, Maria Mesner, Gabriella Hauch, Birgitta Bader-Zaar, Johanna Gehmacher, Birgit Sauer
Abstrakt

„Sie meinen es politisch!“ – das Zitat des Bandtitels – verweist auf die Essenz der Auseinandersetzungen um die gleichberechtigte Partizipation von Frauen im Staat. Einerseits verstanden die Frauenbewegungen des frühen 20. Jahrhunderts ihre Forderungen als politischen Akt mit dem Ziel, Geschlechtergerechtigkeit herzustellen. Andererseits deutet die Herkunft des Zitats die ambivalente Rezeption dieser Forderungen an. Der Ausruf stammt von Karl Kraus und spielt, wie viele zeitgenössische Karikaturen, auf jene „Wahl“-Möglichkeit an, die Frauen bis dahin — manchmal — offenstand:

„Die Frauen verlangen das aktive und das passive Wahlrecht. Daß sie das Recht haben sollen, jeden Mann zu wählen, und daß man ihnen keinen Vorwurf mehr daraus mache, wenn sie sich von wem immer wählen lassen? Behüte der Himmel! Sie meinen es politisch! Aber auf so verzweifelte Ideen sind sie von den Männern gebracht worden. Jetzt wird diesen nichts anderes übrig bleiben, als von der Regierung zu verlangen, daß auch ihnen endlich die Menstruation gestattet werde.“

Die Trennung der Geschlechtersphären, die nur dem Mann das Wirken in der politischen Öffentlichkeit zugestand, war gemäß der bürgerlichen Ideologie des 19. Jahrhunderts immer eng mit dem Körper – seinen physischen und psychischen, als ‚natürlich‘ definierten Befindlichkeiten – verknüpft. Die drohende Umkehr der Geschlechterordnung, sollte eine Aufhebung der Trennung dieser Geschlechtersphären erwogen werden, beklagt Karl Kraus übrigens nicht nur an dieser Stelle in der „Fackel“, sondern er zitiert nur wenige Seiten später einen französischen Bericht über die ersten weiblichen Abgeordneten in Finnland: Darin wurden die angeblichen Folgen der politischen Partizipation von Frauen, nämlich ihre Maskulinisierung, drastisch dargestellt. Der Kampf gegen solche und ähnliche Geschlechterklischees sollte mit der Einführung des Frauenwahlrechts in Österreich 1918 noch lange nicht vorüber sein.

Organisation(en)
Institut für Rechtsphilosophie, Forschungszentrum Religion and Transformation, Institut für Zeitgeschichte, Institut für Geschichte, Institut für Politikwissenschaft
Externe Organisation(en)
Forschungsverbund "Geschlecht und Handlungsmacht - Gender and Agency"
Seiten
13-32
Anzahl der Seiten
20
Publikationsdatum
03-2019
ÖFOS 2012
601014 Neuere Geschichte
Link zum Portal
https://ucris.univie.ac.at/portal/de/publications/100-jahre-frauenwahlrecht--jubilaum-eines-beginns(8e6d8aa7-1e0b-4bef-acbe-11f51075aa66).html