Wie fest ist das Gestein? Extraktion von Arbeiterwissen im Bergbau des 18. Jahrhunderts

Autor(en)
Sebastian Felten
Abstrakt

Dieser Beitrag untersucht eine kleine Schrift des Erdwissenschaftlers und Bergbeamten Abraham Gottlob Werner über das »Gestein« (1788). Gestein war kein epistemisches Objekt der entstehenden Erdwissenschaften (wie etwa Fossilien, Mineralien und Gebirge), sondern eines frühen scientific management. Der neuzeitliche Bergbau war kapitalintensiv, technisch anspruchsvoll und nicht immer profitabel, weshalb Gelehrte wie Werner möglichst sparsame Arbeitsabläufe finden wollten. Hierfür griffen sie auf das Wissen von Arbeitern zurück, insbesondere um das Verhalten von Gestein beim Abbau genauer zu erfassen. Gelehrte verwandelten so das Wissen der Bergarbeiter in eine Wissenschaft von der Bergarbeit. Gängige Modelle für Wissensgenese zwischen Gelehrten und Praktikern (trading zone, Hybridisierung) erfassen diesen Vorgang nicht im Kern. Stattdessen bietet sich der Begriff der Extraktion an: Gelehrte Beamte extrahierten Wissen von Arbeitern, amalgamierten dieses durch Verknüpfung mit anderen Wissensbeständen (etwa Mineralogie) und gaben es als Anweisungen, nicht als Erkenntnisse, wieder an ihre Untergebenen zurück. Unterschiede zwischen verschiedenen Wissensträgern und Wissensarten wurden in diesem Zyklus eher betont als verwischt.

Organisation(en)
Institut für Geschichte
Journal
WerkstattGeschichte
Seiten
15-36
Anzahl der Seiten
21
Publikationsdatum
03-2020
ÖFOS 2012
603123 Wissenschaftsgeschichte, 105110 Geschichte der Geologie, 207309 Geschichte des Bergbaus, 601005 Europäische Geschichte
Link zum Portal
https://ucris.univie.ac.at/portal/de/publications/wie-fest-ist-das-gestein-extraktion-von-arbeiterwissen-im-bergbau-des-18-jahrhunderts(56e8079a-bb4b-4122-b22d-beb4063fa785).html